Worum geht es hier?
Immer wieder und immer häufiger liest man nun von hate crimes. Dies sind Verbrechen, die an einer Person begangen werden, nur weil diese zu einer bestimmten Gruppe gehört. Sehr häufig ist diese Gruppe eine race (zum Beispiel Farbige oder Weiße in den USA).
Ich sage race, weil es im Deutschen kein Wort für das gibt, was die Amerikaner als race bezeichnen.
Die Beziehungen zwischen den verschiedenen races in den USA scheint also angespannt.
Ist sie das wirklich? Oder übertreiben die Medien wie so oft?
Können wir abschätzen wie sich die Beziehungen zwischen den races, also die race relations in Zukunft entwickeln wird?
Was haben die race relations mit dem Aufstieg von Populisten zu tun?
Antworten auf all diese Fragen und noch viel mehr erwartet euch beim Lesen dieses Artikels!
Um welche Gruppen geht es?
In der folgenden Analyse werde ich mich auf die USA beschränken, hauptsächlich weil es dort die besten Daten gibt. In offiziellen deutschen Statistiken gibt es zum Beispiel keine Kategorie wie race. Wie gesagt, wir haben ja noch nicht einmal ein Wort dafür.
In den USA wird zwischen einer schwarzen und einer weißen race unterschieden. Hispanics sind keine race. Die meisten Hispanics bezeichnen sich als weiß. Jedoch werden sie häufig als eigene Gruppe, getrennt von der weißen race, betrachtet.
Diese drei Gruppen: Weiße, Schwarze und Hispanics machen 2020 mehr als 90% der US-Bevölkerung aus. Ich werde mich im Folgenden auf die Beziehungen zwischen diesen drei Gruppen beschränken.
Wenn ich von Weißen rede, meine ich Weiße, die keine Hispanics sind. Wenn ich von Schwarzen rede meine ich Schwarze, die keine Hispanics sind.
Die Gruppengrößen im Zeitverlauf
Wie groß sind diese Gruppen eigentlich und wie haben sich die relativen Gruppengrößen im Zeitverlauf entwickelt?
Das zeigt die folgende Graphik:

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von US-Zensus Daten.
Link: www.census.gov
Die blaue Linie sagt uns für verschiedene Zeitpunkte wie hoch der Anteil der Weißen an der Gesamtbevölkerung der USA war. Zum Beispiel waren im Jahre 1950 ca. 87% der US-Amerikaner weiß.
Die USA wurden 1776 gegründet. Anteile vor diesem Zeitpunkt beziehen sich auf die europäischen Kolonien.
Wie man sieht, ist der Anteil der Weißen innerhalb der europäischen Kolonien mit der Zeit zurückgegangen, bis zu einem Tiefstand von ca. 78% im Jahre 1770. Dieser Rückgang ist vor allem durch Sklavenimporte aus Afrika zu erklären.
Ab diesem Zeitpunkt stieg der Anteil der Weißen jedoch wieder an, getrieben vor allem durch Immigration aus Irland und Deutschland im frühen 19. Jahrhundert. 1880 betrug der Anteil der Weißen wieder fast 90%. So bleib es auch bis 1950.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sank der Anteil der Weißen an der Bevölkerung extrem schnell. 2019 betrug er nur noch 60%.
Der Anteil der Schwarzen an der Bevölkerung schwankte im Zeitverlauf weniger stark. Zwischen 1600 und 1770 stieg er von 0% auf über 20% an. Von dort sank er langsam, bis er 1950 die 10 Prozent Marke unterschritt. In den letzten 70 Jahren ist der Anteil der Schwarzen leicht gestiegen und liegt nun bei ca. 12 Prozent.
Eine große Hispanic Population gibt es innerhalb der USA noch nicht lange. Jedoch wächst diese Gruppe rasant. 1950 lag ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung noch bei 2%. 2019 waren schon 18% aller US-Amerikaner Hispanics.
Sympathie messen
Wie würdet ihr Sympathie gegenüber einer bestimmten Gruppe messen?
Einfach fragen, oder? Jedoch muss man sehr genau aufpassen, wie man fragt, denn selbst minimale Veränderungen der Frage können zu ganz anderen Antworten führen.
Eine Standardfrage, um Sympathie zu messen sind sogenannte Gefühlsthermometer. Die sollen messen wie warm (oder wohlwollend) Gefühle gegenüber einer Gruppe sind.
Ob uns Antworten auf diese Frage wirklich etwas Relevantes verraten werde ich später noch untersuchen.
Spoiler Alarm:
Ja, tun sie wahrscheinlich schon.
Wie funktionieren diese Fragen?
Wenn man beispielsweise die Sympathie gegenüber Weißen messen will, werden die Umfrageteilnehmer gefragt, wie wohlgesinnt sie Weißen sind. Sie können sich eine Zahl zwischen 0 und 100 aussuchen. 100 bedeutet extrem wohlwollend oder positiv, 0 bedeutet sehr feindselig oder negativ.
Solche Fragen wurden in die American National Election Studies (ANES) eingegliedert. Hierbei handelt es sich um eine Umfrage, die seit über 60 Jahren wiederholt durchgeführt wird. Außerdem ist die Umfrage repräsentativ für die (Wahl-)Bevölkerung der USA.
Schauen wir uns doch einmal zusammen die Ergebnisse an.
Was denkt die Bevölkerung?
Die Thermometer-Frage wurde erstmals 1964 gestellt. Was glaubst du, wie positiv waren die Befragten damals im Durchschnitt gegenüber Weißen eingestellt?
Die folgende Graphik kann es dir verraten.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von ANES Daten
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Lass uns erstmal über die Punkte in der Graphik reden. Ganz oben links liegt ein blauer Punkt auf der blauen Linie. Dieser Punkt ist so nett und beantwortet unsere Frage. Im Durchschnitt haben Weiße eine Bewertung von etwa 83 (von 100) erhalten.
Ziemlich gut! Die damalige Bevölkerung hatte scheinbar eine sehr positive Meinung von Weißen.
Und wie sah das im Jahre 1980 aus?
Wir suchen einfach auf der Jahr-Achse das Jahr 1980 und suchen dann den blauen Punkt, der genau über der 1980 ist. Wir sehen: Die Wertung lag im Durchschnitt bei 77.
Einfach, oder?
Wie wurden denn Schwarze bewertet?
Auch das kann uns die Graphik verraten!
Dazu sehen wir uns einfach die grünen Punkte an. Der erste Punkt sagt uns, dass 1964 die US-Amerikaner den Schwarzen im Durchschnitt eine Wertung von 63 gaben. Deutlich weniger als bei den Weißen aber immer noch größer als 50. Das heißt, im Durchschnitt hatten die US-Amerikaner damals ein positives Bild von Schwarzen.
Wie das mit Hispanics funktioniert, weißt du jetzt bestimmt schon, oder?
Einfach nur die roten Punkte betrachten. Hier gibt es leider erst etwas später die ersten Daten, weil in früheren Umfragen nicht nach der Meinung zu Hispanics gefragt wurde. Verständlich, denn sie waren da ja auch noch eine winzige Minderheit.
Soweit zu den Punkten, was sollen die Linien?
Nun, die Punkte fluktuieren, wie man sieht. Die Linien stellen eine Schätzung für den zugrunde liegenden Trend dar.
Nun verstehen wir die Graphik und können sie interpretieren.
Wie man sieht, waren und sind Weiße die beliebteste Gruppe in den USA. Danach folgen Schwarze und Hispanics bilden das Schlusslicht.
Das heißt jedoch nicht, dass es keine Entwicklungen gegeben hätte.
1964 war der Abstand zwischen Weißen und Schwarzen gigantisch. Weiße wurden mit 20 Punkten (von 100) positiver bewertet als Schwarze.
Seitdem ist viel passiert.
Die Beliebtheit von Weißen hat sehr gelitten und ist nun 10 Punkte geringer als vor einem halben Jahrhundert. Dieser Verlust an Beliebtheit war schon 1995 abgeschlossen, er hat sich also in nur 30 Jahren vollzogen.
Seitdem nimmt das Ansehen der Weißen wieder langsam zu.
Für Schwarze und Hispanics ist der Trend genau andersherum. Von ihren relativ geringen Levels vor ca. 50 Jahren ist die Beliebtheit dieser Gruppen stark angestiegen.
In den 2000ern erreichte die Beliebtheit dieser Gruppen dann ihren bisherigen Höhepunkt. Seitdem stagnieren ihre Beliebtheit bzw. gehen leicht zurück.
Das Ansehen der Weißen war also um 2000 so gering wie sonst nie und gleichzeitig war das Ansehen von Hispanics und Schwarzen um 2000 so hoch wie sonst nie. Entsprechend war die Differenz im Ansehen auch in den 2000ern so klein wie sonst nie.
In der Tat ist der Unterschied im Ansehen zwischen Weißen und „dem Rest“ bis in die frühen 2000er immer weiter gesunken.
Doch nun vollzieht sich eine Wende.
Der Unterschied im Ansehen steigt wieder, zum ersten Mal seit über einem halben Jahrhundert.
Was denken die Weißen?
Bis jetzt haben wir uns angeschaut was der durchschnittliche US-Amerikaner denkt. Aber was denkt der durchschnittliche Weiße?
Diese Frage wird durch die folgende Abbildung beantwortet. Der einzige Unterschied zur letzten Abbildung besteht darin, dass wir nun ausschließlich die Antworten von Weißen berücksichtigen.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von ANES Daten
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Wie man sehen kann, sind die beiden Graphiken recht ähnlich. Dies macht Sinn, denn der Großteil der US-Amerikanischen Bevölkerung ist weiß.
In dieser Graphik ist die Wende der Race Relations in den frühen 2000ern noch etwas deutlicher. Die Sympathie-Kurve der Weißen steigt hier etwas stärker an. Die steigende Sympathie für Weiße in den USA seit 2000 ist also darauf zurück zu führen, dass die Weißen seitdem ein positiveres Selbstbild entwickelt haben.
Die Meinung von Hispanics und Schwarzen stagniert hingegen eher seit 2000, bei Hispanics scheint sie leicht zugenommen zu haben.
Was denken die Schwarzen?
Gerade haben wir uns auf die Antworten von Weißen Befragten beschränkt. Lass und nun nur Schwarze Befragte anschauen.
Die Art der Abbildung ist wieder dieselbe, hier ist die Graphik:

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von ANES Daten
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Wir hatten vorhin gesehen, dass Weiße sich selbst sympathischer finden als andere Gruppen.
Wie man sieht, haben Schwarze auch mehr Sympathie für andere Schwarze als für Hispanics oder Weiße. Der Unterschied zwischen der Sympathie für die eigene Gruppe ist bei Schwarzen sogar deutlich stärker ausgeprägt als bei Weißen.
Weiße bewerteten die Weißen 2016 im Schnitt um ca. 7 Punkte sympathischer als Hispanics und Schwarze. Bei Schwarzen betrug der Unterschied 2016 zu Hispanics ca. 13 Punkte und zu Weißen sogar 18 Punkte.
Wie man sieht, war dies bei Schwarzen schon seit den 1960er Jahren vorhanden, 1964 sogar noch stärker als jetzt.
Im Laufe der Zeit ist diese besondere Sympathie für die eigene Gruppe, wie bei den Weißen, zurück gegangen. Bis zum Jahre 2000 hatte die Sympathie gegenüber Schwarzen abgenommen und die Sympathie gegenüber Weißen und Hispanics zugenommen.
Genau wie bei den Weißen hat aber seit 2000 eine Wende stattgefunden.
Die Sympathie gegenüber Schwarzen steigt wieder leicht, während die Sympathie für Weiße in den letzten 16 Jahren extrem zurück gegangen ist.
Die Sympathie gegenüber Hispanics ist jedoch weiter gestiegen und ist 2016 so hoch wie nie zuvor. Zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen sind Schwarze nun sogar positiver gegenüber Hispanics eingestellt als gegenüber Weißen.
Was denken die Hispanics?
Das gleiche Spiel können wir zu guter Letzt auch noch mit den Hispanics spielen. Um die folgende Graphik zu erstellen habe ich nur Antworten von Hispanics berücksichtigt.

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von ANES Daten
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Wieder sehen wir, dass Hispanics ihre eigene Gruppe positiver bewerten als die beiden anderen. Im Jahre 2016 um satte 11 Punkte.
Auch hier ist jedoch wieder festzuhalten, dass Hispanics die anderen Gruppen nicht hassen. Im Gegenteil, die durchschnittlichen Bewertungen für die anderen Gruppen sind zu allen Zeitpunkten weit über der 50% Marke. Dies bedeutet, dass Hispanics Schwarzen wie Weißen wohlgesonnen sind. Ihre eigene Gruppe mögen sie nur eben noch lieber.
Wenn wir die Trends betrachten, erkennen wir, dass diese besondere Sympathie für die eigene Gruppe seit den 1970er Jahren immer weiter zugenommen hat.
Die Sympathie für Schwarze hat seit den 60er Jahren ebenfalls zugenommen während Sympathie für Weiße stark abgenommen hat. Tatsächlich war die Sympathie für Weiße jahrzehntelang deutlich höher als die für Schwarze. 2016 war die Sympathie für die Hispanics gegenüber den beiden Gruppen fast identisch.
Auch hier zeigt sich wieder ganz deutlich die Wende der Race Relations.
In den 70er Jahren hatten Hispanics etwas mehr Sympathie für ihre eigene Gruppe als für die Weißen und deutlich mehr als für die Schwarzen.
Bis zum Jahr 2000 veränderte sich die Sympathie für Weiße kaum, die Sympathie für Schwarze stieg jedoch deutlich an.
Dies führte dazu, dass die Sympathie-Differenz zwischen ihrer eigenen Gruppe und den beiden anderen Gruppen im Jahre 2000 so gering war wie nie zuvor.
Auf diese Konvergenz vor 2000 folgte jedoch eine Divergenz.
In den folgenden Jahren wurde den Hispanics ihre eigene Gruppe immer sympathischer, während ihnen die beiden anderen Gruppen immer unsympathischer wurden.
Zwischenfazit
Fassen wir unsere Erkenntnisse noch einmal kurz zusammen:
- Alle betrachteten Ethnien/Races in den USA finden sich selbst am tollsten.
- Zwischen 1960 und 2000 fand ein Mega-Trend statt. Alle 3 Hauptgruppen (Weiße, Schwarze, Hispanics) wurden immer toleranter gegenüber den anderen beiden Gruppen.
- Dieser Mega-Trend hat sich nun umgekehrt. Die eigene Gruppe wird nun mit der Zeit immer stärker gegenüber den anderen Gruppen bevorzugt.
Wieso ist das wichtig?
Kann ich dir sagen!
Sagen wir mal eine bestimmte Person hat den Weißen einen Sympathie-Wert von 80 gegeben, den Schwarzen einen von 70 und den Hispanics einen von 60.
Dann findet die Person Weiße um 10 Punkte sympathischer als Schwarze und 20 Punkte sympathischer als Hispanics. Man könnte auch sagen sie findet Weiße um 15 Punkte sympathischer als die durchschnittliche andere Gruppe.
Diese Differenz nenne ich Nettosympathie für Weiße. Wenn sie größer ist als 0, dann findet die Person Weiße sympathischer als den Durchschnitt der beiden anderen Gruppen. Wenn sie 0 ist, dann findet die Person Weiße genau so sympathisch wie den Durchschnitt der beiden anderen Gruppen und wenn sie positiv ist dann…
Naja, du weißt schon.
Betrachten wir jetzt gemeinsam die folgende Graphik:

Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von ANES Daten
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Auf der x-Achse sind verschiedene eingeklammerte Werte zu sehen. Dies sind Werte für die Nettosympathie gegenüber Weißen. Die erste Klammer bezieht sich auf Befragte, die eine Nettosympathie zwischen -69,7 und -59,9 haben. Dies sind Leute, die Weiße viel unsympathischer finden als Schwarze und Hispanics
Der schwarze Punkt oberhalb dieser Klammer zeigt an, wie viel Prozent dieser Befragten 2016 für Trump gestimmt haben. Es sind nur 20%.
Die Interpretation für die anderen Klammern ist ähnlich.
Und wir erkennen ein Muster!
Menschen, die eine geringe Nettosympathie für Weiße haben, haben zum größten Teil Clinton gewählt. Die hingegen, die eine hohe Netto-Sympathie für Weiße haben (weiter rechts), haben mehrheitlich Trump gewählt. (NA sind die, die keine Angaben machen wollten).
Es gibt also einen engen Zusammenhang zwischen der Sympathie, so wie wir sie gemessen haben, und dem Wahlverhalten.
Daher scheint sich eine Veränderung der von uns gemessenen Sympathie tatsächlich in echten Einstellungen und echtem Verhalten nieder zu schlagen.
Stimmt das wirklich?
Ich geb’s ja zu: die graphische Analyse oben hat eine Schwachstelle, die ich hier besprechen möchte:
Es ist nicht klar, inwieweit diese graphische Evidenz eine Kausalität widerspiegelt.
Führte eine höhere Netto Sympathie wirklich zu mehr Trump-Stimmen oder gab es eine dritte Variable im Hintergrund die beide beeinflusste?
Eigentlich müsste man ein Experiment machen oder ein natürliches Experiment finden, um Kausalität zu zeigen.
Dies würde aber den Rahmen dieses Beitrags sprengen.
Im Folgenden möchte ich aber die Daten, die mir momentan zur Verfügung stehen, nutzen, um die offensichtlichsten Probleme zu beheben. Ich werde die Ergebnisse einer OLS-Regression zeigen, in der ich für alle relevanten Variablen kontrolliere, die in der ANES Umfrage abgefragt wurden.
Dies erlaubt es mir auszuschließen, dass die kontrollierten Variablen sowohl das Wahlverhalten als auch die Sympathie beeinflussen.
Für die, die keine Ahnung haben was OLS bedeutet: Ihr könnt den nächsten Abschnitt überspringen 🙂
Was jetzt kommt wird unsere Schlussfolgerungen sowieso nicht ändern.
OLS-Ergebnisse
Die Regressionsgleichung sieht wie folgt aus:
I[i stimmt für Trump]i=a +NWi *b + Xi*c + ei
für i=1,…,N.
I[i stimmt für Trump]i ist 1 wenn Befragter i Trump gewählt hat und sonst 0. NWi ist die Netto-Sympathie für Weiße von Befragtem i. Xi ist eine Matrix, die die folgenden Variablen enthält: Bildung, Arbeitsstatus (Arbeitssuchend, arbeitend…), Soziale Klasse (Mittelschicht, Oberschicht…), Familienstand, Migrationshintergrund (ja, nein), Alter, Geschlecht, Region des Wohnorts, Race, Ethnie (enthält nicht nur Hispanics), religiöse Zugehörigkeit, Religiosität und Einstellungen gegenüber illegalen Einwanderern, Homosexuellen und Feminismus.
Die Ergebnisse der Regression sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
| Abhängige Variable: | ||
| Trump-Wahlindikator | ||
| (1) | (2) | |
| Nettosympathie für Weiße | 0,049*** | 0,044*** |
| Kontrollvariablen | ||
| Demographie | Nein | Ja |
| Religion | Nein | Ja |
| Ethnie/Race | Nein | Ja |
| Werte | Nein | Ja |
| Bildung | Nein | Ja |
| Beobachtungen | 2.547 | 2.336 |
| Angepasstes R2 | 0,008 | 0,427 |
| Signifikanzniveaus: | *p<0,1; **p<0,05; ***p<0,01 |
Link: https://electionstudies.org/data-center/anes-time-series-cumulative-data-file/
Die Nettosympathie wurde standardisiert, um die Interpretation zu erleichtern. Die Interpretation des Koeffizienten in Spalte eins ist die folgende: eine Erhöhung der Nettosympathie einer Person um eine Standardabweichung geht einher mit einer um 5 Prozentpunkte erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass diese Person 2016 Trump gewählt hat.
Eine beachtliche Stärke. Der Zusammenhang ist auch hochsignifikant.
In der zweiten Spalte kontrolliere ich zusätzlich für alle oben beschriebenen Kontrollvariablen. Der Koeffizient bekommt nun die folgende Interpretation: was ist der Zusammenhang zwischen der Nettosympathie und dem Wahlverhalten zwischen Personen die die gleiche Demographie haben, der gleichen Race und Ethnie angehören, den gleichen Bildungsstand haben, der gleichen Religion angehören und gleich religiös sind und ähnliche Werte bezüglich Homosexualität, Illegaler Einwanderung und Feminismus haben?
All diese Dinge sind bei den beiden Personen gleich. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Nettosympathie für Weiße. Was ist dann der durchschnittliche Unterschied in der Neigung Trump zu wählen.
Wie uns der Koeffizient netter Weise verrät, haben die Personen mit einer höheren Nettosympathie für Weiße um 5 Prozentpunkte höherer Wahrscheinlichkeit Trump 2016 gewählt. Interessanterweise hat sich der Koeffizient durch das Hinzufügen all dieser Kontrollvariablen also kaum verändert, außerdem bleibt er weiter hochsignifikant. Dies spricht für ein sehr robustes Ergebnis!
Wieso?
Gut, die Race Relations scheinen sich wieder zu verschlechtern, der Mega-Trend hat sich umgekehrt. Aber was ist der Grund dafür?
Schlechte Nachrichten: diese Frage werde ich hier nicht beantworten können. Dies bedarf einer viel genaueren Analyse. Vielleicht mache ich das in der Zukunft einmal, ihr erfahrt es als erste 🙂
Was nun folgt sind eher Spekulationen. Falls ihr andere Ideen habt, schreibt sie sehr gerne in die Kommentarsektion.
Wir haben gesehen, dass sich die Wende in den frühen 2000ern ereignet hat. Dies deutet darauf hin, dass Ereignisse zu dieser Zeit die Wende herbeigeführt haben könnten.
Was ist damals Wichtiges passiert?
Mir fallen da zwei Entwicklungen ein, die einen Einfluss auf Race Relations gehabt haben könnten.
Internet
Zum einen ist da die rasante Ausbreitung des Internets zu nennen. Das Internet ermöglicht es uns mit Menschen in Kontakt zu treten, die wir sonst nie getroffen hätten. Häufig wird dies als Vorteil angesehen, doch ich bin da weniger optimistisch.
Beziehen wir uns auf Schwarze und Weiße. Ich bin weiß. Wenn ich über das Internet mit fast jedem Menschen in Kontakt treten kann, kommuniziere ich mehr mit Schwarzen.
Einerseits können so Freundschaften entstehen, was die Race Relations verbessern sollte. Andererseits lande ich so vielleicht auch auf Seiten auf denen Schwarze schlecht über Weiße reden (denkt an die Youtube Kommentarsektion mancher Videos). Das wird eher zu Abneigung gegenüber Schwarzen führen. Es gibt also zwei Effekte, die in gegenseitige Richtungen wirken. Diese beiden Effekte wirken natürlich auch auf Schwarze.
Unter Umständen könnte der negative Effekt den positiven überwiegen. Denkt zum Beispiel daran, wie das Internet missbraucht werden könnte bzw. bereits missbraucht wird. Eine kleine Gruppe von Menschen, die die Race Relations verschlechtern wollen, könnten absichtlich Hasskommentare unter falschen Identitäten posten. Dazu kommt noch, dass sich Nachrichten die Empörung hervor rufen besonders schnell verbreiten.
Die Theorie wäre hier also, dass US-Amerikaner durch das Internet mehr (negativem) Kontakt mit Menschen anderer races ausgesetzt wurden. Dies könnte beispielsweise dadurch passiert sein, dass negative Erfahrungen stärker wirken als positive oder dass das Internet von einigen Aktivisten missbraucht wurde.
Identity Politics
Race Relations sind eng verbunden mit dem Kampf der Schwarzen für Gleichberechtigung. Hier hat sich ein krasser Wandel vollzogen.
Die Aktivisten der 60er Jahre wie Martin Luther King hatten universalistische Ziele. Ihnen ging es darum, dass Schwarze und Weiße eben nicht als Schwarze oder Weiße, sondern als Menschen betrachtet werden. Man blickte also auf die Gemeinsamkeiten, nicht die Unterschiede.
In den frühen 2000ern hat sich dies geändert. Aktivisten für die Rechte von racial minorities (hauptsächlich Schwarze) begannen damit die Unterschiede zwischen Schwarzen und Weißen zu betonen.
Nach Meinung dieser Aktivisten gibt es einen Rassismus gegen Schwarze, der tief in der US-Amerikanischen Gesellschaft verwurzelt ist. Fast jeder Schwarze sei von diesem Rassismus betroffen wohingegen Rassismus gegen Weiße fast nicht oder gar nicht existiere. Daher seien die Lebensumstände von Schwarzen und Weißen sehr unterschiedlich.
Diese Sichtweise wird durch die hier dargestellten Daten teilweise untermauert. Wie wir gesehen haben, sind Menschen gegenüber anderen Menschen ihrer eigenen Race besonders positiv eingestellt. Dies könnte man als Rassismus bezeichnen.
Zwar sind Schwarze nach dieser Definition deutlich rassistischer als Weiße (und Hispanics), jedoch gibt es auch deutlich mehr Weiße als Schwarze in den USA. Man könnte also argumentieren, dass Schwarze im Schnitt mit mehr Rassismus konfrontiert werden als Weiße.
Und diese unterschiedlichen Lebensumstände müssen nach ihrer Meinung eine unterschiedliche Behandlung nach sich ziehen. Dieser Logik folgend verlangen solche Aktivisten typischerweise mehr Rechte für Schwarze als für Weiße, zum Beispiel dadurch, dass bei ähnlicher Qualifikation immer ein schwarzer Bewerber genommen werden muss.
Ein riesiges Problem dieses Ansatzes ist natürlich, dass die offizielle Diskriminierung so gestaltet werden muss, dass die inoffizielle Diskriminierung exakt ausgeglichen wird. Denn natürlich könnte die gesetzliche Bevorzugung von Schwarzen auch so weit gehen, dass die vorhandene Diskriminierung überkompensiert wird. Unter Umständen könnte man dann am Ende mehr Diskriminierung gegen Weiße haben, als jetzt gegen Schwarze besteht.
Wie auch immer.
Inwiefern dieses Weltbild richtig oder falsch ist, will ich hier nicht diskutieren. Das mache ich vielleicht irgendwann mal.
Aber es ist klar, dass solche Argumentationen die Gesellschaft entlang der races spalten können. So argumentieren beispielsweise Kaufman (2018) und Chua (2019).
Beide sehen das white identity movement und die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten 2016 als Gegenreaktion auf eine sich radikalisierende Black Identity Bewegung.
Jetzt würde mich interessieren: was haltet ihr davon? Welche Erklärung findet ihr am plausibelsten? Schreibt mir eure Meinung doch gerne einmal in die Kommentare.
Quellen
Chua, Amy. Political tribes: Group instinct and the fate of nations. Penguin Books, 2019.
Kaufmann, Eric. Whiteshift: Populism, immigration and the future of white majorities. Penguin UK, 2018.
